Das 1. Qualifikationsturnier von swisswushu fand heute in Liechtensteig statt. Wie immer gibt uns das erste Turnier wichtige Rückmeldungen darüber, wo der Hebel in den nächsten Wochen und Monaten anzusetzen ist. Es folgen noch zwei Turniere (Juni und September), an denen sich die jeweils besten sechs AthletInnen je Kategorie für die Schweizer Meisterschaft vom kommenden November qualifizieren können. Hier nun nachstehend meine ersten noch sehr frischen Eindrücke von diesem ersten Kräftevergleich 2016.
Das Einmaleins der Einsteiger
Die meisten Turnierbeginner gibt es in der Regel zu Beginn eines Jahres. So war es auch dieses Mal: Insgesamt neun Kinder und Jugendliche wagten ihre ersten Schritte an einem Turnier (siehe 1. Foto unten). Dabei gilt es ja nicht nur für die Kinder, sondern auch für deren Eltern, sich in diesem Gewusel aus Kategorien und Noten zurechtzufinden. Insgesamt vier Jungen starteten in der auf unsere Inititative hin geschaffenen neuen Kategorie Kinder Changquan 32 B. Unsere Idee: Noch jüngere Kinder für Wettkämpfe motivieren zu können. Aber auch mehr Fairness zu erreichen, denn dadurch müssen die jüngeren Kinder nicht mehr gegen Kinder antreten, welche z.T. drei Jahre älter sind als sie. Die drei Gegner von andern Schulen waren allerdings stark, wobei das nicht verwunderlich ist: Wenigstens zwei davon hatten bereits ein bis zwei Jahre Wettkampferfahrung. So war für die Kinder - wie meist bei einem ersten Turnier - das Ziel einfach dies: Das Ganze einmal erleben, die grosse Nervosität vor dem Start, es aushalten, mutterseelenalleine auf dem Teppich zu stehen und dort dann die Form vom Ablauf her einmal ohne Halt durchzugehen. Das klappte, wenn auch in einer Form einige Bewegungen untergingen. Aber so können die Kinder hoffentlich das Positive mitnehmen. Zudem erhielten sie von denjenigen, welche schon länger dabei sind, guten Anschauungsunterricht, wie es ausschauen kann, wenn man etwas Erfahrung gesammelt hat. Wettkämpfe sind eine gute Ergänzung zum Training: Die Kinder lernen, schwierige Situationen zu meistern, Nervosität auszuhalten, Höchstleistung auf den Punkt zu erbringen und mit Emotionen, positiver wie negativer Art, umzugehen. Und manchmal müssen sie auch lernen, dass die Welt nicht immer gerecht ist, gerade wenn Noten vergeben werden, die nicht bis ins letzte Detail messbar sind. Aber ich denke, die Schiedsrichter haben es ordentlich gemacht.
Vielleicht noch für diejenigen, welche das erste Mal zugeschaut haben: Es gibt bei den Kindern eine A-Note für die technische Ausführung und eine B-Note, welche grundsätzlich die Gesamtleistung honorieren soll (dort spielen Dinge wie Kraft, Kraftpunkt, Koordination, Rhythmus und Stil eine Rolle). Normalerweise sind je drei Schiedsrichter für A und B im Einsatz. Die Noten werden alle addiert. Es gibt keine Streichnoten. Der Hauptschiedsrichter muss eingreifen, wenn die Noten mehr als 0.5 je Gruppe auseinanderliegen. Die C-Note kommt nur bei der Elite zum Einsatz.
Wenn die Guten noch besser werden...
Mit Jehmsei Keo, der letztes Jahr nach der WM in Indonesien seinen Rücktritt vom Wettkampf-Wushu bekanntgegeben hat, wurde unser Trainerstaff wertvoll erweitert. Jehmsei ist nun vollamtlicher Trainer, der sich nicht nebenher noch auf einen Wettkampf vorbereiten muss. Meines Erachtens war dies bei den ihm anvertrauten A- und B-JuniorInnen bereits sichtbar. Dort liefern aber auch Charlie Mansuy und Michael Totzke weiterhin entscheidende Impulse. In dem Sinne ist das Training dort echte Teamarbeit.
Nun aber zu den Resultaten: Sheryl Kasper und Benjamin Müller haben heute je drei Siege errungen und zwar mit einer Deutlichkeit, welche im Vergleich zum Vorjahr nochmals zugenommen hat. Sie beide demonstrierten dabei beeindruckend, wie wichtig eine gute Physis im heutigen Wushu ist. Ein gutes Beispiel dafür ist auch Pascal Dutoit, der bereits ein talentierter Springer war und nun, mit seinem gezielten Krafttraining unter professioneller Anleitung, mittlerweile stupende Sprünge an den Tag legt. Zum Schluss muss aber das Gesamtpaket stimmen und so konnte er seine "ewigen" Berner Rivalen einmal bezwingen, wohingegen ihm zwei Mal ein sehr starker Shunni Beutler vor der Sonne stand. Beeindruckt hat auch Nina Hässig, welche heute zwei zweite Plätze holte. Sie demonstriert Mal für Mal, wie man sich mit Fleiss und Disziplin immer wieder auf ein neues Niveau heben kann. Bei ihr speziell ist, dass sie erst seit drei Jahren Wushu trainiert, wohingegen JuniorInnen wie Sheryl oder Benjamin bereits acht bzw. bald neun Jahre bei uns sind. Daneben hat auch Ninas jüngerer Bruder Tim weiter Fortschritte gemacht. Er hat es zwar im Training weiterhin gerne mal lustig, aber dass er trotzdem auf den Punkt bereit sein kann, zeigte er eindrücklich bei der 46er-Form der Junioren. Er, der vom Alter her noch zwei Jahre bei den Kindern starten kann, gewann als Jüngster diese Kategorie. Seinen Auftritt rundete er ab mit je einem zweiten Platz mit Säbel und mit Stock. Es gab noch weitere gute Klassierungen wie z.B. von Liam Rothenbühler, der noch um einen Platz im EM-Team kämpfte, dann von Mattia Meier, der zwar auch mal abgrundtief enttäuscht sein kann, sich dann aber auch wieder zu fangen imstande ist. So geschehen heute, als er nach dem Säbel, der ihm "nur" den dritten Platz eintrug, kurz darauf den Stock gewann. Weiterhin zuverlässig bereit ist Michael Brodmann, wenn es um Meriten geht. Er holte in den Kinderkategorien zwei erste Plätze (im Schwert nahm er dieses Mal noch nicht teil) und in der 46er-Form gab es einen guten dritten Platz.
Zu den Neuen noch dies: Adham Abdlaziz sah man natürlich noch an, dass er erst ein Jahr Wushu trainiert. Auf der andern Seite darf man das durchaus positiv sehen: Hut ab vor dem, was dieser junge Bursche in einem Jahr schon gelernt hat. Wir sind sehr gespannt auf seine weitere Entwicklung. Wenn man bedenkt, wie sehr Elisa Prozillo in den letzten Wochen noch schwankte, zwischen teilnehmen und nicht teilnehmen, war sie nun schon ordentlich dabei. Toll abgeschnitten hat Alessia Del Mistro, welche bereits bei ihrem 1. Wettkampf mit drei dritten Plätzen ihr Potenzial angedeutet hat. Aber letztlich haben alle versucht, ihr Bestes zu geben und ist nicht das auch eine grossartige Leistung? Es hat nicht Platz für alle auf dem Podest, und so sind wir Trainer gefordert, auch die Leistungen aller Übrigen anzuerkennen und sie ins rechte Licht zu rücken, sprich sie ins Verhältnis zu ihren Möglichkeiten zu stellen.
Fazit
Meiner Ansicht nach ist die Konkurrenz im Vergleich zum Vorjahr etwas stärker geworden, gerade in den Kinderkategorien. Das wurde auch Zeit. Trotzdem, die ganz grosse Welle sehen wir noch nicht, auch wenn dies dem Schweizer Wushu gut tun würde. Aber dazu bräuchte es mehr als die sechs Schulen, welche heute am Wettkampf im (modern) Taolu (=Formen) teilgenommen haben. Mehr Wushu-Schulen wird es, wenn überhaupt, erst dann geben, wenn man beim Verband - nach vielen Jahren ohne - wieder eine Trainerausbildung in Gang bringt. Bei den Schiedsrichtern ist es sicherlich nicht mehr so schlecht bestellt, wie damals, als wir anfangs 90er-Jahre mit Wettkämpfen begonnen haben. Trotzdem ist die Personaldecke weiterhin dünn, die Fluktuation zu gross und leider sind weiterhin immer noch nicht alle Schiedsrichter vom Fach.
Wie auch immer: Unser Team hat heute insgesamt eine gute, in vielen Teilen sogar sehr gute Leistung gezeigt. Wir Trainer erinnern uns dabei immer wieder gerne an unsere Aktivzeit, in der wir nach jedem Turnier voller Elan ins Training zurückgekehrt sind, voll motiviert, um es das nächste Mal noch besser zu machen. Diese Motivation treibt uns weiter an. Auch nach so vielen Jahren lernen wir in jedem Turnier dazu und sehen weiterhin Dinge, die wir noch besser machen wollen, bis, ja bis die Enttäuschten die Zufriedenen und die Guten die Besten sind. Jiayou!
Das nächste Turnier ist am 19. Juni in Baar.
Die offizielle Rangliste findet sich wie immer auf www.swisswushu.ch. In Kategorien mit acht und mehr Teilnehmenden führen wir alle unsere Plätze bis zum Ranglistenfünften auf; bei kleineren Kategorien sind alle Medaillenränge genannt:
Rangliste 1. QT 2016 von swisswushu in Lichtensteig | |
Kategorie Pflichtformen | Resultat |
Waffenlose Erwachsene (Formen 89/01/12) | 2. Ailin Lüthi |
Kurzwaffen Erwachsene (Formen 89/01/12) | 2. Ailin Lüthi |
Waffenlose JuniorInnen (Formen 2001/2012) | 2. Pascal Dutoit |
Langwaffen Junioren (Formen 2001/2012) | 1. Pascal Dutoit |
Kurzwaffen JuniorInnen (Formen 2001/2012) | 2. Pascal Dutoit |
Waffenlose Juniorinnen (Form 1989) | 1. Sheryl Kasper 2. Nina Hässig |
Waffenlose Junioren (Form 1989) | 1. Benjamin Müller |
Langwaffen Juniorinnen (Form 1989) | 1. Sheryl Kasper |
Langwaffen Junioren (Form 1989) | 1. Benjamin Müller |
Kurzwaffen Juniorinnen (Form 1989) | 1. Sheryl Kasper |
Kurzwaffen Junioren (Form 1989) | 1. Benjamin Müller 2. Liam Rothenbühler |
Waffenlose Juniorinnen (46er-Form) | 2. Nina Hässig 3. Alessia Del Mistro |
Waffenlose Junioren (46er-Form) | 1. Tim Hässig 2. Liam Rothenbühler 3. Michael Brodmann |
Waffenlose Kinder (32er-Form) A, Mädchen | 3. Alessia Del Mistro |
Waffenlose Kinder (32er-Form) A, Jungen | 1. Michael Brodmann 2. Mattia Meier 4. Auro Bianco 5. Tim Hässig |
Säbel Kinder (32er-Form), Mädchen/Jungen | 2. Tim Hässig 3. Mattia Meier |
Schwert Kinder (32er-Form), Mädchen/Jungen | 3. Alessia Del Mistro |
Stock Kinder (32er-Form), Mädchen/Jungen | 1. Mattia Meier 2. Tim Hässig 3. Gabriel Meier |
Speer Kinder (32er-Form), Mädchen/Jungen | 1. Michael Brodmann 3. Auro Bianco |