News 10, Chinareise 2015: Wudangshan, Zentrum des Daoismus
Mythologischer Geburtsort des Taijiquan
Am 17.10. flogen wir morgens von Kunming nach Xi'an und fuhren von dort mit dem Bus ins etwas über 300 km entfernte Wudangshan (Dorf und Gebirgskette tragen den gleichen Namen). Dazu mussten wir durch ein Gebirge namens Qinlin. Uns Westlern sagt das nichts, aber es ist die natürliche Grenzlinie zwischen Nord- und Südchina und verläuft von Ost-Gansu bis nach West-Henan. Das Gebiet um Wudangshan in der Provinz Hubei ist das Zentrum des Daoismus und damit ein heiliges Gebirge für die Chinesen. Es zählt allerdings nicht zu den fünf offiziellen, heiligen Bergen Chinas. Im Wudang-Gebirge standen früher zahlreiche Klöster, Tempel und Paläste, welche u.a. in der Kulturrevolution arg Schaden genommen hatten. Viele sind aber auch einfach zerfallen. Besuchen kann man nur noch einige wenige. Viele Anlagen stammen aus dem 15. Jahrhundert, die Geschichte reicht aber noch viel weiter zurück.
Wir sahen uns am 18. Oktober gemeinsam die Goldene Halle (Jindian) auf dem höchsten Gipfel des Wudang-Gebirges an, dem Tianzhu-Gipfel (1612 m), an. Dort oben ist es immer sehr eng und auch wenn es weit weniger Leute hat als jeweils um die Oktoberferien herum, ist es ein Geschubse und Gedränge. Die andern Tempelanlagen konnten wir uns jedoch in Ruhe anschauen. Wir gingen dann zu Fuss mehrere Hundert Höhenmeter (und vor allem Tausende von Treppenstufen, total 4.5 km) hinunter Richtung Nanyan, ein Tempel, der förmlich an einem Berg zu kleben scheint. Beim Hinunterlaufen hat man irgendwann eine sehr schöne Sicht auf die gegenüberliegende Seite mit dem Nanyan. Leider machte uns das zunehmend dunstige Wetter das Fotografieren im Laufe des Tages immer schwerer.
Weil wir etwas Rückstand auf die Marschtabelle hatten, assen wir dann beim Nanyan zu Mittag und teilten uns auf. Mit Lianyue (Chris aus Xi'an), Keping (als lokale Führerin) und mir waren wir mit drei Führern genügend Leute, damit wir uns aufteilen konnten. Auf dem Programm standen in unterschiedlicher Reihenfolge noch Nanyan, dann Zixiaogong, wo einige Szenen zum Kung Fu-Klassiker "Die Tochter des Meisters" gedreht worden sind und auch noch Taizipo. Niemand sah an jenem Tag alle Tempel und Klöster, weil wir dieses Mal die Vorführung einer lokalen Wushu-Schule in der Tradition des Wudang-Wushus nicht verpassen wollten. So trafen wir uns alle um 15 Uhr und erfreuten uns an den tollen Darbietungen der jungen Sportler. Es ist auch für mich als Kenner der Materie immer wieder schön, wie kreativ die Chinesen bei der Zusammenstellung ihrer Choreographien sind. Und wenn man dann so viel Zeit hat, wie die Trainierenden hier auf dem Berg, dann passt das zum Schluss eben gut zusammen. Unsere Gruppe war von der Outdoor-Show begeistert.
Von da an ging es dann schubweise nach Hause, jeder nach seinem persönlichen Befinden. Meistens ist das dann aber die Zeit, in der auch die meisten andern Touristen nach Hause gehen. Dann wird es ruhig in den Tempeln und auch wir hatten nochmals einige schöne Momente in Zixiaogong. Dorthin ging die Gruppe, welche ich begleitete, zum Schluss hin. Interessant war dort dann noch ein kurzes Gespräch mit einer "Daoren", einer Daoistin, wie wir wohl sagen würden, welches ich führen konnte. "Dao" steht für den Daoismus und "Ren" für Mensch, also Mensch, der dem Daoismus folgt. Man sagt ihnen nicht Mönch (Heshang). Sonst müssten sie ja alle ihre Haare abschneiden, wie die Frau mir erklärte. Im Zixiaogong leben nach ihren Angaben immer noch 70-80 Daoren, Männer und Frauen. Sie selber sei seit über 20 Jahren da.
So hatten wir eine gute Zeit an einem Ort, welcher vor allem von inländischen Touristen besucht wird. Am Abend gab es dann für einige der Gruppe eine wunderbare Fussmassage, eine Wohltat nach der langen Wanderung. Wir waren in einem neu renovierten Hotel, mit sehr grossen Zimmern, in denen wir uns sehr wohl fühlten. Heute Morgen dann ging es wieder rund fünf Stunden Fahrzeit zurück nach Xi'an, wo wir nach Peter, einem Mitglied unserer Gruppe, das bislang beste Essen unserer Reise hatten. Danach fuhren wir zum Hotel, wie immer das Zhongluo-Fandian (Belltower-Hotel) und den Rest des Tages konnte jeder individuell gestalten. Viele gingen auf die längste erhaltene Stadtmauer Chinas, welche ein Wahrzeichen von Xi'an ist und fuhren dort mit dem Tandem eine Runde (13.7 km). Schade, plagt uns hier der Smog sehr und verhindert Weitsicht. Morgen besuchen wir nun noch die Terrakotta-Armee, bevor wir uns an unseren letzten Ort in China, Shanghai, begeben. Von dort melde ich mich dann zum letzten Mal, bevor es wieder nach Hause geht.
Hier rauf wollen alle, die das Wudang-Gebirge besuchen: Tianzhufeng (Himmelspfeiler-Gipfel), 1612 m hoch mit der Jindian, der goldenen Halle obendrauf. Eine schweisstreibende Sache, auch wenn man bis unter den Gipfel mit einer Doppelmayr-Gondel fährt.