Unsere Scoutingreise in China erhält in Shanghai quasi einen Unterbruch. Wir sind hier, um die 15. Wushu-Weltmeisterschaften zu besuchen und natürlich, um die kleine Schweizer Delegation im Einsatz zu sehen.
Ich war ja selber als Athlet an internationalen Meisterschaften bis hin zu Weltmeisterschaften. Zudem habe ich damals als Coach die WM in Beijing erlebt. Aber Shanghai schlägt für mich, jedenfalls aus Sicht des Zuschauers, einfach alles. Es ist unglaublich, was das Organisationskomitee auf die Beine gestellt hat. Klar, sie haben die Manpower und offensichtlich auch das Geld dazu, aber die Organisatoren haben es dann auch richtig gemacht. Viele kleine Details wurden berücksichtigt, die das Ganze dann erst so zum Strahlen bringen. Das Hotel z.B. ist in Gehdistanz zum Stadion, auch wenn es natürlich zusätzlich einen Shuttleservice gibt.
Dann die Halle: Zwei Flächen, auf denen parallel die Taolu-Wettkämpfe (also die Formenwettkämpfe) laufen. Zudem hängt für jede Fläche an der Wand ein riesiger Monitor, worauf alles auch live übertragen wird und alle Resultate, Ranglisten, Wiederholungen usw. gezeigt werden. Sie haben keinen technischen Aufwand gescheut: Mit zig Kameras werden die Wettkämpfe abgedeckt, sogar je ein Kameragalgen wie auch kleine Kameras (Rolf hat sie gezählt: Pro Fläche über 70!) sind im Einsatz. Mit diesen Kameras produzieren sie Effekte wie man sie seit den Matrix-Filmen kennt, bei denen sich die Kameras scheinbar um den Akteur drehen. Diesen kann man in der Luft sogar "einfrieren" und weiter um ihn herumfahren.
Dann die Siegerehrungen: Da läuft alles generalstabsmässig ab und sie sind sehr würdevoll inszeniert, mit Musik, mit Einblendungen auf den Screens und hoch-professionellen Speakern. Die Zeiten werden eingehalten und man hat wirklich das Gefühl, hier wird eine Weltmeisterschaft abgehalten. Nein, das war nicht immer so.
Was mich auch freut ist, dass Rongjun, unser Headjudge aus der Schweiz, ein ehemaliger Wushu-Professional, täglich im Einsatz steht (wie so oft an den letzten Meisterschaften) und dabei die Schweiz repräsentiert. Rongjun ist ein Glücksfall für uns und wir alle werden von seinen Erfahrungen profitieren können.
Die Wettkämpfe selber sind auf einem unglaublich hohen Niveau. Wirklich schwache AthletInnen gibt es nicht mehr viele. Wir sahen ja nur an zwei von vier Tagen die Wettkämpfe. Dabei haben uns auch die Taijiquan-Events voll weggehauen. Das Niveau war atemberaubend.
Ich weiss, eigentlich wolltet ihr wissen, wie die Schweizer so waren. Deshalb jetzt: Sie waren nicht einfach nur dabei. Klar, Pascal und Benjamin mussten auch Lehrgeld bezahlen, aber sie mussten sich mit ihren Leistungen nie verstecken. Das wertvollste Resultat, jedenfalls Stand unserer Abreise aus Shanghai, war allerdings, nicht überraschend, Samis 13. Rang im Nandao (in einem Feld von über 50 Gemeldeten und rund 40 Klassierten!). Sami ist in der Schweiz unser Gegner, aber hier wünschen wir natürlich allen ein gutes Resultat und dieses Resultat war wirklich toll und verdient. Wir alle mögen es ihm gönnen; er hat in den letzten Jahren sehr viel für das Wushu in der Schweiz geleistet. Heute nun hat er sich selber belohnt. Gratulation Sami.
Unsere beiden haben sich stets irgendwo im Mittelfeld behauptet. Manchmal fehlte nur ein bisschen zur vollen Note im C (2.0) oder es waren dann wiederum zu viele A-Fehler (Technik). Wenn das nur schon einigermassen gelingt, ist einiges möglich und von daher ist auch noch viel Potenzial nach vorne vorhanden, was letztlich die gute Nachricht ist. Das sah z.B. Pascal im Säbel, wo er mit einer 2.0 im C 27. von 49 wurde. Mit einer besseren A-Note (statt 4.5; er kann dereinst eine 5.0 schaffen; das wäre die Höchstnote) wären da noch einige Ränge gut zu machen gewesen. Dasselbe erlebte Benjamin, der im Schwert 16. von 30 wurde, im A mit 4.9 nahe an der Höchstnote war (5.0), dafür aber im C mit 1.85 (statt 2.0) doch noch wichtige Hundertstel verschenkte (im Idealfall wäre so ein 11. Platz möglich gewesen, denn der Abzug in der C-Note hängt mit dem Abzug in der A-Note zusammen). Heute Abend sahen wir zum Abschluss unserer Wettkampfbesuche noch Pascal mit dem Stock.
Wir hatten hier viel Freude an den Wettkämpfen und gratulieren der Schweizer Nationalmannschaft zu ihrem Auftritt in Shanghai. Das gibt Mumm für die Zukunft. Pascal als auch Benjamin zeigen, was für talentierte Athleten aus einem kleinen Land wie der Schweiz, nach über 10 Jahren Wushu so alles möglich ist.
Wir verlassen nun morgen Shanghai und die Reise wird wieder, was sie eigentlich eher ist: Eine Scoutingreise für die China-Gruppenreise 2021. Wir melden uns wieder aus Xiapu weit im Süden.
Hier der Link zu den Resultaten: http://result.justtool.com/2018CT/
Link zum youtube-Kanal: https://m.youtube.com/user/iwufwushu